Heute werden die Tirggel selbstverständlich im Teigmischer und elektrischen Ofen hergestellt. Und trotz viel Handarbeit, kommen heute zugleich auch moderne Verpackungsmaschinen zum Einsatz. Zahlreiche Motive aus dem Tirggelsortiment basieren heute noch auf Bildern der antiken Holzmodel. Die Holzdrucke wurden jedoch, nach akribischer Übernahme der Sujets, mit der Zeit durch hygienische Walzen ersetzt.
Ein Rezept aus dem 18. Jahrhundert in Altdeutsch verrät die ursprüngliche Mischung: „Nimm zue einem Bächer Honig 3 Lott Imper, 1 Lott Zimmer, anderthalb Lott Nägeli, ein wenig Milch und ein bitzeli Rosenwasser“.
Der geprägte Tirggel oder „S’Brättli“, wie von den Zürcherinnen und Zürcher auch liebevoll genannt, wird nur „geflämmt“, das heisst bei Oberhitze gebacken. So bleibt die eine Seite vornehm hell.
1840 // Die Gründung
Gebacken wurde schon früher – aber nicht legal. Erst nach dem der Kanton Zürich das Kontingent, dass lediglich ausgewählte Bäckereien Tirggel backen dürfen, abgeschafft hatte, konnte ab 1840 legal produziert werden.
Die Tirggel wurden auf Holzmodel von bekannten Holzschnitzern produziert und die gesamte Produktion fand ohne Strom und zu vollständig in Handarbeit statt.
Die Tirggel wurden per Schiff täglich nach Zürich geliefert von der Seestrasse in Wädenswil aus, wo die Herstellung damals schon auf 3 Etagen vor sich ging:
Auf der ersten Etage wurde verpackt, auf der zweiten Etage wurde gebacken und auf der dritten Etage fand die Verarbeitung und Vermengung des Tirggelteiges statt.
Die Produktion der «Rund und Herzen» als Weihnachtsbaumschmuck war zu dieser Zeit der absolute Renner und Verkaufsschlager.
1890 // Die Industrialisierung
Wurde eine eigens für die Tirggelproduktion hergestellte und mit Strom betriebene Walzenmaschine gekauft. Diese kam aus England, wo die industrielle Revolution der neuen Technik in vollem Gange war. Bis in die heutigen Tage werden mit dieser Maschine Tirggel produziert.
1914 – 1918 // Der Erste Weltkrieg
Dies war, wie für viele andere auch, eine schwierige Zeit für die Familie Suter. Sie schafften es jedoch, die Firma und die damit verbundene Tirggeltradition aufrecht zu erhalten. Viele Geschäfte der Umgebung mussten jedoch schliessen und so verschwand ein guter Teil der Bäckerszunft vom Markt.
1920 // Umzug in Wädenswil
Nach dem ersten Weltkrieg zog das Unternehmen um in die unmittelbare Dorfnähe bei der katholischen Kirche an die Schlossbergstrasse. Hier fand der grösste Absatz neu durch den eigenen Laden statt. Die kommenden Jahre waren stark geprägt von einem Industrialisierungsschub.
Suter Tirggel wurde im Verlaufe dieses Jahrzehnts durch die Migros vertrieben. Weitere Detaillisten, Bäckereien, Drogerien und tägliche Märkte der Umgebung folgten als Verkaufskanal. Und weil das Produkt aufwendig in der Herstellung war, gab es immer weniger Bäckereien, die den traditionellen Tirggel herstellten.
1930 // Eröffnung der Produktion Winterthur
Leider brannte diese einige Jahre später aus und wurde nicht wiederaufgebaut.
1939 -1945 // Der Überlebenskampf
Die Jahre des zweiten Weltkrieges waren erneut geprägt vom Überlebenskampf. Willy Suter versuchte alles Mögliche, um die Firma zu erhalten er ging bis nach Bern, um Sondergenehmigungen zu erhalten, um an genügend Mehl und Rohstoffe für die Produktion zu kommen. Doch aufgrund der Hungersnöte waren die Lebensmittel kontingentiert und die Wertmarken dazu limitiert. Ausnahmebewilligungen wurden keine erteilt und wer mutig war, behalf sich mit Fälschung der Wertmarken, um an grössere Mengen heranzukommen.
1944 // Die Anklage
Willy Suter wurde angeklagt wegen Fälschung der Wertmarken und musste, nebst einer Geldstrafe entrichten, auch ins Gefängnis. Doch er hatte Glück – 1945 ging der Krieg zu Ende und alle Gefangenen wurden frei gelassen.
1958 // Erneuter Umzug
Umzug des Betriebes ins heutige Schönenberg bei Zürich, wo die Biscuits Suter bis 1972 in Familien Besitz verblieb. Dann verkaufte Willy Suter sein Unternehmen – mangels Nachfolge – an Peter Seibold.
1972 // Die Gründung der AG
Noch im Verkaufsjahr wurde die Biscuits-Suter AG gegründet, mit einem Aktienkapital von Fr. 200’000.-
1973 // Ein zweiter Gigant
Mit Coop steigt ein weiterer Vertriebsgigant ein und Tirggel wächst regional mit. Leider schläft auch die Konkurrenz nicht – denn Migros lancierte, von Midor gebacken, ihre eigenen Tirggel und auch die Bäckerei Honegger in Wald nimmt die Tirggelproduktion auf. Deren Produktion wurde im Frühling 2017 von der Stiftung St. Jakob übernommen.
1988 // Der Tirggelweg
Bezug des Fabrikneubaus am eigenen Tirggelweg 1 in Schönenberg ZH
1993 // Die Premiere – Tirggel nach Mass
Zum ersten Mal werden Konturen-Tirggel hergestellt. Die Produktion von massgeschneiderten Individual-Tirggeln wird realisiert.
1995 // Ein weiterer Brand
Leider brennt der Dachstock des Gebäudes am Tirggelweg 1 in Schönenberg ZH komplett aus und muss saniert werden.
1998 // Lizenzierung Knospen Tirggel
Die Biscuits-Suter AG erhält die Lizenz zur Produktion von BIO Tirggel.
2008 // Verkauf der Aktien
Carlo Magnano übernimmt das Geschäft der Biscuits-Suter AG von Peter Seibold.
2009 // Entwicklung, Vertrieb und Verkausstart der Alltagsmarke «Biscrack»
Ein neuer, etwas weicherer „Tirggel“ wurde kreiert. Der Name steht einerseits für Biscuits, anderseits deutet er an, dass man das Gebäck wie Knäckebrot beissen kann. Die neue Innovation wird mit diversen Geschmäckern (süss und salzig) lanciert.
2018 // Aus der Region
Aufnahme und Zertifizierung der Tirggel für die Produktelinie Miini Region von Coop. Für die Produktion werden ausschliesslich Honig und Mehl aus Zürich verwendet.
2019 // Der Relaunch
Überarbeitung und Relaunch der Tirggel Verpackungen – Die Tradition wird in die Moderne gehoben – bewusst traditionell.